Treffauer N-Wand – „König der Löwen“
Der Treffauer, der als imposante Spitze kühn über Scheffau thront, ist sicherlich ein lohnendes Ziel, sei es zum Wandern oder zum Klettern. An seiner, das Schneekar von unten gesehen rechts begrenzenden, Nordflanke wäre es trotzdem sicher sehr still – wenn es nicht die Route „König der Löwen“ gäbe. Das Erfolgsrezept ist einfach: Moderate Schwierigkeiten bei gleichzeitig sehr guter, Bohrhaken-gestützter Absicherung und überschaubarer Länge. Die Tour ist auch durchaus genussvoll zu klettern und weiß insbesondere in der vorletzten Seillänge zu begeistern, wo man an guten Griffen schön luftig und leicht abdrängend emporturnt. Somit eignet sich die Route auch sehr gut für Einsteiger, zumal die Schlüsselseillänge bei Bedarf umgangen werden kann.
Topo „König der Löwen“
Wir starteten gegen 8 Uhr vom Parkplatz beim Gasthof Jägerwirt (910 m). Von dort geht es zunächst über einen breiten Weg taleinwärts. Dieser geht bei einer nicht bewirtschafteten Hütte (Wegscheid-Niederalm) dann in einen Pfad über, der tiefer ins Tal hineinführt. Auch wenn am Parkplatz der Treffauer ausgeschildert ist, so findet sich doch nicht an allen Abzweigungen eine entsprechende Beschilderung. Allerdings ist das Schneekar schon von ganz unten zu sehen und so kann man sich als Richtwert an den Abzweigungen immer an dem Weg orientieren, der am direktesten in diese Richtung führt.
Bei bestem Wetter geht es in Richtung Schneekar und Treffauer
Nach ca. 1 Std. sind die ersten Felsen des Treffauers erreicht (Klettergarten Mutterkarwand). Von hier an wird es steil und der Weg zieht durch ein Feld von Latschen, welches das Schneekar an seiner Unterseite begrenzt. An einem schönen Wasserfall steilt der Weg nochmals auf und führt nun schräg nach rechts hinüber zum Wandfuß (ca. 1650 m). Ein Schild weißt im Schneekar den weiteren Weg, der in der Nordflanke ganz auf der rechten Seite verläuft; der Einstieg zum König der Löwen befindet sich gut sichtbar nur wenige Meter links neben dem Schild (Schlinge mit Löwenkopf).
Die Route verläuft durch die N-Flanke des Treffauers, der untere Plattenteil ebenso wie die Schlüsselstelle über den Bauch sind gut auszumachen
Von dem Löwen am Einstieg ist nur noch der Kopf übrig geblieben…
Trotz unseres frühen Aufbruchs stehen bereits zwei Seilschaften am Einstieg, eine ist sogar schon in der vierten Seillänge unterwegs. Also heißt es warten und es dauert dann doch eine halbe Stunde, bis wir endlich einsteigen können. Los geht’s ganz entspannt über die mit Wasserrillen zerfressenen Platten (erst II, dann III) in mäßig steilem Gelände zum ersten Stand, an dem wir wieder ein wenig warten müssen. Die zweite Seillänge (IV) ist ähnlich wie die erste, insgesamt etwas griffärmer und daher einen Grad höher angesiedelt. Mit dem Ende der dritten Seillänge (IV-), die oben links an ein paar Latschen vorbeiführt ist das Ende der Wasserrillenplatte erreicht und man hat einen guten Blick auf die Schlüsselseillänge.
1. Seillänge (III)
2. Seillänge (IV)
3. Seillänge (IV-)
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Die Seilschaft vor uns kämpft ein wenig in dieser Länge, sodass wir wieder einige Wartezeit herumbringen müssen. Zumindest wird es nicht langweilig, denn die Vorsteigerin verliert eine Exe, die wir ihr durch kurzes Abseilen noch aus einer Latsche fischen – so wurde die Wartezeit wenigstens produktiv genutzt. Ich habe den Vorstieg für die Schlüsselseillänge: Es geht zunächst über eine Platte schräg rechts hinauf (III-), wobei ich, um die Seilreibung zu vermindern, den ersten Haken nicht einhänge. Die eigentliche Schlüsselstelle (V+) ist dann ein etwa 5 m hoher, abdrängender Bauch, der von einem Riss durchschnitten wird. An diesem orientiert sich auch die Route. Einige Untergriffe am Beginn ermöglichen es mir, recht weit hinaufzugreifen und mir einen guten Griff zu schnappen. Noch ein paar wenige Züge (es ist immer irgendwo ein guter Griff vorhanden), dann ist das ärgste schon überwunden und die Wand lehnt sich wieder zurück.
Blick auf die Schlüsselstelle (V+): Die Route folgt dem Riss, der den Bauch vom linken Ende des unteren Latschenflecks beginnend schräg nach links oben durchzieht
Kurz unterhalb der Latschen, die die Schlüsselstelle oben begrenzen wäre nun die Möglichkeit einen Zwischenstand zu machen. Dies ist sicher sinnvoll für Seilschaften, die hier klettertechnisch ans Limit gehen müssen. Alle anderen sollten sich überlegen, den Stand auszulassen und direkt weiterzuklettern. Ich entscheide mich für letzteres und quere in einfachem Gelände (II) nach rechts um den Latschenfleck herum, zuletzt geht es schräg links hinauf (III) zum Stand (hier trifft man auch wieder auf die Umgehungslänge). Die nächste Länge besteht vorwiegend aus gutgriffigen Quergängen, die sich durchwegs im vierten Grad bewegen. Allerdings konnten weder wir, noch die vor uns kletternde Seilschaft den Stand finden, sodass wir einfach an einem der Bohrhaken einen notdürftigen Stand bezogen. Da die Seillänge aber recht einfach ist, war das nicht wirklich problematisch.
Die ersten Meter der 5. Seillänge (IV) – erst ein wenig schräg hinauf…
…dann lange, genussvolle Linksquerung
Es folgt mit Seillänge sechs die klettertechnisch alpinste Länge: Ein einfacher Linksquergang (II+) leitet in einen Kamin, der auf einer Art Rippe in der Mitte erklettert wird (erst IV, dann IV+). Dabei wechseln sich immer wieder Wand- und Verschneidungskletterei ab und ich empfand den Kamin – obwohl nominell einfacher – insgesamt als anspruchsvoller, als die kurze Stelle im fünften Grad, die man beim Verlassen des Kamins nach links auf einer Platte unter dem Stand überwinden muss. Hier gibt es einen schönen luftigen Standplatz, der allerdings, da ich mit der Nachsteigerin der vorauskletternden Seilschaft dort stand, für mich recht unbequem war.
Blick auf die relativ kurze 6. Seillänge (die Kletterin oben steht am Stand, rechts unterhalb von ihr der Kamin)
Unterwegs im Kamin
Die darauf folgende, siebte Seillänge stellte für mich das Highlight der Tour dar: Senkrecht, teils leicht abdrängend geht es an sehr guten Griffen (V-) wunderbar luftig hinauf zum letzten Stand. Nun erreicht uns auch die Sonne und es wird sofort sehr warm.
Im oberen Teil der 7. Seillänge (V-)
Die letzte Seillänge ist zu Beginn sehr einfach (IV-), nur kurz vor dem Ausstieg in die Latschen ist noch einmal ein kleiner Aufschwung zu überwinden (IV+). Hendrik bezieht Stand am letzten Bohrhaken vor dem Latschendickicht und ich steige an ihm vorbei in die Schneise, die durch das Dickicht gesägt wurde.
Die letzte Seillänge (IV+)
Eine Schneise führt durch die Latschen
Auf der anderen Seite machen wir in der Sonne bei bestem Wetter und einer traumhaften Aussicht eine entspannte Mittagsrast. Über eine ca. 200 m lange Querung auf Wegspuren erreichen wir den Wanderweg zum Treffauer Gipfel. Von dort geht es sehr steil über die Nordflanke zurück ins Schneekar und von dort über den Aufstiegsweg zurück zum Jägerwirt.
„Bierbrunnen“ auf dem Abstiegsweg – eine hochwillkommene Erfrischung
Erstbegehung: Max Schneider und Thomas Pletzer im September 2011
Ausgangspunkt: Parkplatz am Gasthof Jägerwirt (910 m), ca. 2 Km oberhalb von Scheffau am Wilden Kaiser
Zustieg: Über Weg Nr. 826 zur Wegscheid-Niederalm, von dort weiter hinauf zur Wegscheid-Hochalm und über ein Latschenfeld zuerst gerade, dann, nach einem Wasserfall schräg rechts hinauf ins Schneekar.
Einstieg: Ein paar Meter links des Wegschildes am Wandfuß der Nordflanke (Löwenkopf an Schlinge am Einstieg, die ersten Haken sind auch bereits zu sehen).
Länge: 8 SL/ 280 mH/ 3 Std.
Schwierigkeit: V+ (Einzelstelle), wenige Einzelstellen V und V-, meist III oder IV
Absicherung: Die Route ist durchweg, auch in den leichten Längen sehr gut mit Bohrhaken abgesichert. Insbesondere in der Schlüsselseillänge stecken die Haken im Abstand von einem Meter.
Abstieg: Über Weg Nr. 826, 1 ½ – 2 Std.
Weitere Routen:
- Via Max (VII+)
- Schneekarschmankerl (VII-)
- Retro-Look (VII-)
- Ice in the Sunshine (VIII)
Tipp/ Planung: Sehr früher oder sehr später Start, ansonsten kann es gut passieren, dass man im Stau steht. Die Schlüsselstelle kann auf einer leichteren Variante umgangen werden, wodurch dann die schwersten Stellen im unteren bis glatten fünften Grad einchecken. Wer unsicher ist, ob er sich die Schlüsselstelle zutrauen soll, sollte ruhig einsteigen. Die Hakenabstände sind wirklich mehr als fair, zur Not kann man sich die Länge auch A0 hochwurschteln. Heißer Tipp: Kleingeld mitnehmen! Auf dem Weg nach unten kommt man an zwei „Bierbrunnen“ vorbei, bei denen gegen 3€ gekühlte Getränkedosen im eiskalten Brunnenwasser bereitstehen (Bier, Radler, Limo).
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