"Bergsteigen ist mehr als Sport. Es ist eine Leidenschaft" (Herrmann Buhl)

Jubiläumsgrat & Zugspitze – als Tagestour vom Tal

Der Jubiläumsgrat – Sehnsuchtsziel von mittlerweile wahrscheinlich Generationen von Bergsteigern und wohl die am häufigsten begangene Gratüberschreitung der Ostalpen, wenn nicht sogar des gesamten Alpenraumes. Natürlich ist der Grat auch wirklich schön anzusehen, insbesondere vom Höllental aus, wobei er aus der Ferne und selbst von Garmisch aus eine eher untergeordnete Rolle spielt. Ich möchte an dieser Stelle jedoch einmal deutlich sagen, dass ich den Hype, der um diesen Grat veranstaltet wird nicht so ganz nachvollziehen kann. Denn die Tour an sich ist objektiv gesehen nicht sonderlich genussvoll – wenn man einmal die Ausblicke ausblendet. Einen erheblichen Teil der Tour ist man nämlich nicht einmal auf dem Grat selbst, sondern in seiner Südflanke unterwegs, welche brüchiges und von Geröll bedecktes Gestein aufweist und dann sind da noch zahlreiche Stahlseile, die zwar viele Stellen deutlich erleichtern aber den Grat nicht wirklich aufwerten… Wer wirklich einmal einen Genussgrat in ähnlicher Schwierigkeit mit einer mindestens ebenso guten Aussicht genießen möchte, dem sei der gar nicht mal so weit entfernte Kopftörlgrat im Wilden Kaiser empfohlen.

Ich hatte mal wieder Lust auf eine richtige Herausforderung und mir daher folgende Tour zurecht gelegt: Hammersbach – Höllental – Zugspitze – Jubiläumsgrat – Alpspitze – Osterfelderkopf. Geht man nach den regulären Zeitangaben, so sind dafür nicht weniger als 20 Std. zu veranschlagen. Mein Ziel war es, diese Zeit deutlich zu unterbieten und einmal zu schauen wie fit ich derzeit bin. Hier die Übersicht über meine Zeiten:

  • Hammersbach – Höllentalangerhütte: 0:55 Std.
  • Höllentalangerhütte – Zugspitze: 2:40 Std.
  • Zugspitze – Alpspitze: 4:35 Std.
  • Alpspitze – Osterfelderkopf: 0:50 Std.

→ Gesamt inkl. Pausen: 9:30 Std.

Meine Ausrüstung: 3,5l Wassser, 6 Riegel, 3 Bifi Roll, 5 Magnesiumsticks, Stirnlampe, Helm, Klettersteighandschuhe, Sonnenbrille und -etui, Gerödel, Sonnencreme  und -stift, Portmonee, Basecap, Schlauchhalstuch, dünnes Softshell, Softshellweste, 20l Rucksack

Ich startete um 3:55 Uhr in Hammersbach (758 m). Der Weg durch den Wald war stockfinster, ebenso die Höllentalklamm – ein ungewöhnliches Erlebnis, eine solche Klamm einmal im Dunklen zu begehen. Überall rauscht und tropft es aber im Schein der Lampe ist nicht viel zu erkennen. Über einen guten Wanderweg erreiche ich schon bald die Höllentalangerhütte (1387 m), die zwar schon erleuchtet ist, in der aber noch nichts los ist. Kurz nach der Hütte über eine kleine Brücke auf die andere Seite des Baches und über einen guten Pfad in Richtung Talschluss. Sobald der Talkessel erreicht ist, wird das Gelände steiler. An einem Geröllfeld folge ich Wegspuren rechts hinauf und merke erst 50 Höhenmeter später, dass das eine Sackgasse und nicht der richtige Weg ist – sehr ärgerlich, weiß ich doch, dass ich heute alleine im Aufstieg über 3000 Höhenmeter vor mir habe, da kann ich auf jeden Extrameter eigentlich verzichten… Also wieder runter, zum Glück finde ich dort auch wieder eine Markierung. Im Dunkeln fehlt mir leider ein wenig der Überblick. Über zunehmend felsiges Gelände geht es nun steil hinauf bis zum Beginn der Stahlseile. Diese leiten zunächst recht direkt hinauf bis eine Linksquerung – das sogenannte „Brett“ erreicht wird. Irgendwie hatte ich mir diese Stelle wesentlich länger vorgestellt.

Rückblick auf das „Brett“

Sonnenaufgang über dem Höllental

Der Weg durch den oberen Talkessel – oben ist schon die Bergstation zu erkennen aber der Weg dorthin ist noch weiter als es scheint

Nach dem „Brett“ geht es wieder gerade, ohne Stahlseile in leichter Kletterei hinauf bis der obere Talkessel erreicht ist, weiter. Ein einfacher Pfad leitet nun im Zick-Zack in Richtung Höllentalferner. Kurz vor dem Gletscher ist der Weg nicht mehr ganz eindeutig, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da viele Wege möglich sind. Bei meiner Begehung (Anfang August) ist die untere Hälfte des Gletschers blank aber gut zu begehen da mit Geröll bedeckt. Im oberen Teil ist eine Spur vorhanden und der Gletscher steilt noch einmal ein wenig auf. Zähneknirschend lege ich jetzt doch noch die Grödel an, weil der Schnee durch die frühe Morgenstunde noch ziemlich gefroren und daher glatt ist. Die Randkluft ist schon durchaus groß, einen guten Meter gilt es zu überbrücken.

Die Randkluft mit der Stahlleiter

Dahinter zieht eine Art Stahlleiter gerade hinauf, wobei es mehrere mit Stahlseilen versicherte Stellen gibt, an denen die Randkluft überwunden werden kann. Nach den ersten Metern quert der Weg nach rechts, dann wieder gerade hinauf und zuletzt in einer langen, diagonalen Querung schräg links hinauf in Richtung Zugspitzgipfel. Dieser oberste Abschnitt, vom Gletscher zum Gipfel zieht sich dann doch länger als man meinen sollte, die deutlich merkbare Höhe tut ihr übriges…

Impressionen vom Klettersteig oberhalb des Gletschers

Impressionen vom Klettersteig oberhalb des Gletschers

In der langen Querung in Richtung Gipfel

Ich erreiche den Zugspitzgipfel (2962 m) um 7:30 Uhr und genieße das Privileg, dass die erste Bahn noch nicht gefahren ist und ich den Gipfel nur mit einer Handvoll Menschen teilen muss. Hier gönne ich mir nun auch die erste Pause von einer halben Stunde und esse etwas. Dann geht es weiter, vom Gipfel einige Meter in Richtung Seilbahnstation und dann rechts ab über ein Band zum Beginn des Jubiläumsgrates.

Ein Schild weist den Weg zum Jubiläumsgrat – die Alpspitze (unterhalb der Sonne) ist ganz schön weit weg…

Der Beginn des Grates ist erst einmal einfach und es geht zügig voran. Dann folgen einige Stellen, die abgeklettert werden müssen und auch die 3- Rinne. Diese löst sich jedoch recht gut auf und wäre mir, angesichts vieler weiterer Stellen die im Verlaufe des Grates noch abgeklettert werden müssen gar nicht weiter aufgefallen, wenn ich nicht im Topo von bergsteigen.com davon gelesen hätte.

Die 3- Abkletterstelle (die schwach ausgeprägte Rinne oben links des Felskopfes)

Es ist praktisch nicht möglich eine genaue Beschreibung des Grates zu geben, da es so oft auf und ab geht dass man irgendwann den Überblick verliert. Auch ein detailliertes Topo hilft nur an sehr markanten Punkten. Letztendlich ist ein gewisser alpiner Spürsinn für den Weg gefragt, oft sind aber auch Wegspuren und Markierungen in der Südflanke zu finden. Aber im bergsteigen.com Topo ist ganz richtig bemerkt, dass der erste Gratabschnitt mehr Kletterei als Klettersteig und der zweite Gratabschnitt mehr Klettersteig als Kletterei ist. Deutlich zu erkennen sind die drei Höllentalspitzen, diese sind auch recht anstrengend da hier signifikante Höhenunterschiede im Aufstieg zu bewältigen sind. Schon bereits bei der ersten der drei Spitzen – Inneren Höllentalspitze (2741 m) merke ich deutliche Erschöpfungserscheinungen und freue mich auf eine weitere Pause an der Biwakschachtel.

Was für eine Aussicht!

Kletterer am Jubi

Die drei Höllentalspitzen – zwischen der mittleren und der hinteren (Äußere H.) ist die Biwakschachtel zu erkennen

Es ist furchtbar heiß und ich komme mit dem Trinken gar nicht hinterher, ich könnte eigentlich pausenlos trinken. Auch die Überwindung der Mittleren Höllentalspitze (2743 m) kostet noch einmal viel Kraft, danach geht es relativ einfach zur Biwakschachtel, in der es angenehm kühl ist. Einer meiner Vorgänger hat hier eine noch zu 2/3 gefüllte Mineralwasserflasche stehen lassen – diese kommt mir gerade recht und ich trinke sie in einem Zug aus, ich habe so großen Durst, dass mir vollkommen egal ist wer vielleicht vorher davon getrunken hat. Ich gönne mir 20 min Pause, mache dann aber weiter, weil ich gerne so langsam das Ende meiner nunmehr immerhin trotz aller Geschwindigkeit bereits 6:20 Std. andauernden Tour erreichen möchte.

Die Biwakschachtel

Vom Biwak ist rasch der Gipfel der Äußeren Höllentalspitze (2720 m) erreicht und nach der Überwindung eines weiteren Aufschwunges stehe ich in der Scharte vor der Volkarspitze (2618 m), deren Überwindung die nominelle – zumindest Klettersteigtechnische – Schlüsselstelle der Tour darstellt. Wer aber den Grat bis hier hin geschafft hat, denn sollte dieser mit D bewertete Klettersteigabschnitt eigentlich nicht mehr schocken können, zumal sich die Hauptschwierigkeiten auch nur auf wenige Meter konzentrieren.

Übersicht über den Klettersteig an der Volkarspitze

D-Stelle an der Volkarspitze

Von der Volkarspitze folgt nun endlich mal ein längeres Stück des Abstieges, es geht in die Scharte zwischen Hochblassen und Volkarspitze und dort links ab in die Nordflanke des Hochblassens, wo dieser ein wenig unangenehm umgangen wird. Über eine kurze Rinne geht es wieder zurück auf den Grat und von dort etwas unübersichtlich hinab in die Grießkarscharte (2463 m). Auch wenn es von hier aus nur 160 Höhenmeter Aufstieg bis zum Gipfel der Alpspitze sind, so tun diese doch noch einmal richtig weh zumal der Weg bis zuletzt nicht wirklich einfach wird.

Grießkarscharte und Alpspitze

Da ich gerade erst zwei Wochen zuvor auf dem Gipfel der Alpspitze nach Begehung der Nordwand gestanden habe umgehe ich den Gipfel auf einem versicherten Steig in der Nordflanke (linksseitig) und stoße schon bald auf die Alpspitz Ferrata über die es sich relativ zügig absteigen lässt. Mit großer Erleichterung und mit noch größerem Durst erreiche ich schließlich um 13:23 Uhr den Osterfelderkopf – ein langer und erfüllter Tag geht zu Ende!

Ausgangspunkt: Bergstation der Zugspitzbahn

Zustieg: Von der Bergstation in wenigen Minuten auf den Zugspitzgipfel

Einstieg: Wenige Meter unterhalb des Zugspitzgipfels zieht ein Band nach Osten in Richtung Jubiläumsgrat – dieses bringt einen direkt auf den Grat, es befindet sich auch ein Schild am Einstieg

Länge: Insgesamt ca. 8 Km Kletterei und Gehgelände. 3-5 Std. bis zur Biwakschachtel, 3-4 Std. von der Biwakschachtel bis zur Grießkarscharte, von dort 1 Std. bis zur Alpspitze; Gesamt Zugspitze – Alpspitze: 7-10 Std.

Schwierigkeit: Kletterei bis III-, Klettersteig bis D

Abstieg: Von der Grießkarscharte über das Matheisenkar hinab zur Höllentalangerhütte und von dort über das Höllental nach Hammersbach (4-5 Std.) oder zum Kreuzeckhaus und von dort nach Hammersbach (4 Std.). Von der Alpspitze über die Alpspitz-Ferrata in 2 Std. zur Bergstation der Seilbahn auf dem Osterfelderkopf

Tipp/ Planung: Ob man ein Klettersteigset mitnehmen möchte bleibt jedem selbst überlassen – ich habe allerdings auf dem Grat niemanden gesehen, der eines benutzt hat und selbst auch davon abgesehen. Wer all die ungesicherten Stellen frei absteigen kann, wird an den Stahlseil-gesicherten Passagen sicher nicht das Bedürfnis nach einem Klettersteigset verspüren. Viel Wasser mitnehmen – die Tour ist lange und man ist zumeist auf der Südseite des Grates unterwegs sodass es bei gutem Wetter sehr heiß wird.

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