"Bergsteigen ist mehr als Sport. Es ist eine Leidenschaft" (Herrmann Buhl)

Cima Scotoni SW-Wand – „Lacedelli“

Die Cima Scotoni selbst ist eine eher unauffällige Berggestalt, bildet aber gemeinsam mit den Fanisspitzen eine gewaltige, 1,5 Km breite Mauer. 1952 löste hier Lino Lacedelli mit seiner spektakulären Erstbegehung sein Ticket für die italienische Himalaya Expedition 1954, die mit der Erstbesteigung des K2 gipfelte. Die Route selbst ist sehr lustvoll zu klettern, ist aber auch sehr anhaltend. Allerdings ist die Orientierung nicht ganz einfach, vielfach fehlt es an markanten Strukturen die man verfolgen könnte. Und noch ein Wort zum „Kriechband“ – mir ist ehrlich gesagt schleierhaft, wieso alle hier durch den Dreck kriechen. Der Quergang lässt sich wunderbar klettern, anstatt zu kriechen nutzt man die Kante des Bandes und quert daran entlang…

Topo Cima Scotoni – Lacedelli

Mein Bergführer Simon und ich treffen uns um 5:30 Uhr an der Cap. Alpina (1729 m) und fahren mit E-Bikes zur Scotonihütte (1985 m). Dort verstecken wir die Räder in einem Busch und wandern in ca. 30 min zum Einstieg, der sich direkt oberhalb des Lagazuoisees befindet (schwarzer Seilrest am Einstieg). Die ersten drei SL sind relativ einfach und wir überwinden sie gleichzeitig kletternd.

Die Einstiegsseillänge – zuerst nach rechts, dann nach links klettern

In der 2. SL

In der 3. SL

Dann stehen wir unter der Schlüsselstelle, die mit ihren überhängenden Dächern schon ziemlich respekteinflößend aussieht. Doch Simon steigt gewohnt souverän durch die technisch komplexen Moves. Ebenso wie die Schlüsselstelle der „Cassin“ an der westlichen Zinne ist auch diese SL mit 8 bewertet – sie lässt sich für mich jedoch wesentlich besser und genussreicher klettern als ihr Pendant in der „Cassin“, mit ein bisschen Ausbouldern würde ich mir die SL durchaus zutrauen… Um Kraft zu sparen mache ich aber lieber zwischendurch eine kurze Rast im Seil, insbesondere nach dem schwersten Abschnitt durch die Dächer gilt es noch einen Linksquergang zu überwinden, bei dem man auch als Nachsteiger nicht unbedingt fallen möchte und der sich immerhin auch noch im 7. Grad bewegt.

Simon steigt in die Schlüsselseillänge (VIII) ein – es geht mitten durch die Dächer hindurch…

Im oberen Teil der Schlüsselseillänge im Quergang

Danach ist allerdings nichts mit Ausruhen, die 5. SL bewegt sich zwar „nur“ im 6. Grad ist aber auch nicht ganz leicht und strengt die schon leicht zugelaufenen Unterarme noch mal ganz ordentlich an.

Auch nach der Schlüsselseillänge ist keine Entspannung angesagt

Danach wird es aber erst einmal leichter und so klettern wir die beiden SL bis zum „Kriechband“ und das Band selbst am laufenden Seil – wie oben bereits erwähnt lässt es sich auch wunderbar am Band entlang queren.

In der 6. SL, hier wird es bis zum „Kriechband“ nun erst einmal etwas leichter

Am Ende des „Kriechbandes“ – an dieser Stelle klettert man vom Quergang auf das sich verbreiternde Band

Vom Stand queren wir 60-70 m über das Band bis zum nächsten Stand, der ca. 10 m hinter einem großen Block, der quer über dem Band liegt, ist (Steinmann). Während ich noch rasch 2 Riegel esse, steigt Simon schon los und hängt die nächsten beiden Längen aneinander.

Der Weiterweg über das 1. Band

Am Stand auf dem 1. Band, der den Beginn in den oberen Teil markiert (der querliegende Block ist gut zu erkennen)

Es geht zuerst schräg nach links hinauf, dann wieder nach rechts zum Stand (V).

Vom Band zunächst schräg links hinauf, dann nach schräg rechts (dort ist Simon zu sehen)

Dort führt ein einfacher Quergang zunächst nach rechts (erst III+, dann IV), dann geht es gerade hinauf (V). Es folgt ein weiterer Rechtsquergang (V) und danach ein kurzer Überhang (VI+), dann wird es leichter.

Der einfache Rechtsquergang (III+, dann IV)

Danach geht es gerade hinauf (V)…

…und es folgt ein weiterer Quergang (V)

Wir klettern wieder simultan und erreichen überraschend schnell das 2. Band. Es ist jetzt 10:15 Uhr – wir haben gerade einmal 3:40 Std. gebraucht! Allerdings kennt Simon die Tour auch wie seine Westentasche und hat auch das nötige Kletterniveau um hier konsequent durchzuziehen. Die normalerweise veranschlagten 7-8 Std. dürften schon realistisch sein.

Unterwegs auf dem 2. Band in Richtung Abstieg

Da für 13 Uhr Regen angekündigt ist machen wir auch hier keine Pause sondern beginnen schon bald den Abstieg. Über einen schmalen Pfad geht es in die Seescharte und von dort über einen steilen aber gut ausgebauten Weg zurück zum Lagazuoisee. Nun ist es auch nicht mehr weit zur Scotoni Hütte und zu unseren Rädern.

 

Erstbegehung: L. Lacedelli, L. Ghedina, G. Lorenzi, 10.-12.06.1952

Ausgangspunkt: Parkplatz an der Cap. Alpina

Zustieg: Über Weg Nr. 20 zur Scotoni Hütte und weiter zum Lagazuoisee. Von dort auf Wegspuren zum Einstieg (1 ¾ Std.)

Einstieg: An einem schwarzen Seilstück

Länge: 17 SL/ 400 mH/ 7-8 Std.

Schwierigkeit: VIII (VI/A0)

Absicherung: Die Route ist recht gut mit Haken versehen, wobei diese jedoch teilweise sehr alt und rostig sind. Die Schlüsselstelle kann man sich ganz gut A0 hocharbeiten.

Abstieg: Über das Ausstiegsband nach links queren und über Wegspuren in die Seescharte absteigen. Dort trifft man auf Weg 20B, der einen zurück zum Lagazuoisee führt.

Tipp/ Planung: In der Scotoni Hütte gibt es ein altes Hüttenbuch, welches bis in die 60er Jahre zurückreicht. Darin findet sich so ziemlich alles was Rang und Namen hat – eine spannende Lektüre!

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