Blüemlisalphorn N-Wand
Die ideale Nordwand für Einsteiger und Genießer: Kurzer Zustieg, eine Wand, die genau dann endet, wenn die Waden beginnen dick zu werden, keine allzu große Steilheit, häufig gute Verhältnisse und das Ganze gewürzt mit atemberaubender Aussicht sowohl auf das Berner Mittelland wie auf die gesamte schweizer Prominenz. Außerdem auch sehr zu empfehlen als Auftakt zu einer Überschreitung des Blüemlisalpstockes.
Erstbegehung:
Ausgangspunkt: Blüemlisalphütte SAC (2834 m). Zu erreichen von Kandersteg in 5 Std. (1639 mH) oder von der Bergstation Oeschinen (1682 m) der dortigen Seilbahn in 4 Std. (1152 mH).
Einstieg: Direkt hinter der Hütte
Länge: ↑ Hütte – Wandfuß: ca. 400 mH; 1 – 1¼ Std.
↑ N-Wand: ca. 450 mH; 2½ – 3 Std.
Abstieg: NW-Grat des Blüemlisalphorns: 827 mH
↓ Abstieg auf den Gletscher: 1½ Std.
↓ Gletscher – Blüemlisalphütte: 1 Std
Weitere Routen: Blüemlisalp-Überschreitung: AD, III, 45°
Tipp/ Planung: Da sich die Tour in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen bewegt darf sie getrost auch zu (etwas) fortgeschrittener Stunde unternommen werden – sie ist zudem ja auch nordseitig exponiert, wodurch die objektiven Gefahren erst gegen Mittag zu erwarten sind. Den Abstieg halte ich für objektiv relativ sicher. Daher ist ein Wecken um 4 Uhr doch etwas übertrieben. Ein Start zwischen 7 und 8 Uhr, so wie bei uns, ist vollkommen ausreichend.
Überblick über die Wand
Nach einer langen Autofahrt sind wir gestern Mittag auf der Blüemlisalphütte angekommen und wollen heute – gewissermaßen als Akklimatisationstour für die Überschreitung – die N-Wand des Blüemlisalphorns angehen. Doch als wir, wie es in der Hütte üblich, ist um 4 Uhr aufstehen herrscht draußen eine dichte Nebelsuppe vor. Bei diesen Bedingungen in einer Zweierseilschaft über einen unbekannten Gletscher zu gehen erscheint uns nicht gerade ratsam, also geht es zurück in die Koje. Eine andere Seilschaft, die ebenfalls die N-Wand im Sinn hat entschließt sich jedoch trotzdem zu starten. Um 6 Uhr klingelt der Wecker erneut – Mist, immer noch alles dicht! Doch als ich um 6.30 Uhr aus dem Fenster schaue, beginnt der Wind so langsam die Wolken auseinander zu treiben. Sofort schießen Arthur und ich aus den Betten und kleiden uns in fliegender Hast an. Schnell noch ein kleines Frühstück runtergewürgt und eine ½ Stunde später stehen wir angerödelt vor der Hütte. Über einen kurzen Pfad geht es rasch hinab auf den Gletscher, den wir um 7.30 Uhr betreten. Zügig durchqueren wir die Spaltenzone auf 3000m und halten dann nach rechts zu dem markanten und gut sichtbaren Sattel zwischen Ufem Stock und der Wyssi Frau.
Auf dem Weg zum Sattel zwischen Ufem Stock und der Wyssi Frau rückt die N-Wand immer mehr ins Blickfeld
Im oberen Teil ist bereits die vor uns gestartete Seilschaft zu erkennen
Dabei rückt mehr und mehr unsere N-Wand ins Blickfeld; im oberen Drittel können wir die andere Seilschaft, die am Morgen um 4 Uhr gestartet ist, erkennen. Nach dem Sattel geht es angenehmerweise zunächst einmal 50 mH nach unten. Man befindet sich nun direkt unter der Wand, die von dem Gletscherplateau unter dem Sattel jedoch noch durch einen mächtigen, nicht passierbaren Gletscherbruch abgetrennt ist. Dieser muss daher umgangen werden, wobei sich hierfür 2 Möglichkeiten bieten. Einerseits könnte man bereits direkt von unterhalb des Sattels aus den Bruch (in Aufstiegsrichtung) links durch eine breite, muldenartige Rinne umgehen. Oder man quert unterhalb des Bruches auf die andere Seite des selbigen und umgeht ihn rechts, wobei man dann allerdings oberhalb wieder zurück unter die Wand queren muss. Wir entschieden uns für letzteres, da durch den nächtlichen Schneefall in der „Direktvariante“ etwaige Spalten nicht mehr zu erkennen und wir nur zu zweit unterwegs waren. Wir folgten also den Spuren unserer Vorgänger über das ebene Plateau und bogen, sobald möglich nach links ab. Der Gletscherbruch ließ sich hier gut umgehen, auch das Zurückqueren über ein direkt darüber befindliches Plateau unter die Wand war technisch nicht schwierig, allerdings musste dabei eine Seraczone durchschritten werden, die wir dann doch lieber mit einem kurzen Zwischensprint hinter uns brachten.
Unser Weg über den Blüemlisalpgletscher zum Einstieg der Wand
Die Seraczone, die wie auf dem Bild gut zu erkennen ist offenbar auch durchaus aktiv ist
Blick von der Seraczone hinüber zum Sattel zwischen Ufem Stock und der Wyssi Frau. Im Hintergrund die Wildi Frau, ebenfalls ein lohnendes Ziel
Endlich erreichten wir den Wandfuß – der Blick nach oben ist an einer solchen Stelle immer wieder beeindruckend! Nachdem die Helme angezogen und die Eisschrauben verteilt waren stiegen wir los. Der Bergschrund war vollkommen problemlos zu überwinden und so kamen wir in dem griffigen Firn gut voran. Nach etwa 100 Metern erreichten wir den ersten Streifen Blankeis, wo ich dann auch eine gute Schraube eindrehen konnte. Wir hielten es absicherungstechnisch nun so, dass ich eine Eisschraube setzte, dann die komplette Seillänge ausging und Arthur, während ich die nächste Zwischensicherung legte die Eisschraube herausdrehte. Auf diese Weise gewannen wir rasch an Höhe wobei die Steilheit auch nie Neigungen erreicht, die eine höhere Zahl an Zwischensicherungen erforderlich machen würden.
Blick vom Einstieg die Wand hinauf
Im unteren Drittel
Der linke Felsriegel rückt näher
Tiefblicke
So ging es in ca. 45° steilem Gelände kerzengerade hinauf, direkt auf den linken Felsriegel bzw. den Gifelserac zu. Angenehmerweise wechselten sich Firn- und Blankeisstreifen ständig ab, sodass man eigentlich fast durchgehend auf Firn aufsteigen und trotzdem zuverlässige Sicherungen in gutem Eis legen konnte. Etwa 50 Meter unterhalb des Felsriegels begannen wir schräg rechts aufwärts auf den rechten Felsriegel zuzuqueren, bis wir den Gipfelserac neben uns hatten und somit die letzten 2 SL gerade zum Gipfelgrat aussteigen konnten.
In der Querung
Am Ende der Querung. Der Gipfelserac liegt nun links neben uns
Arthur in der letzten Quergangsseillänge
Auf diesen Metern (ca. 55° im Schlussabschnitt) herrschte allerdings nur noch Firn vor, sodass man praktisch keine Sicherungen mehr legen konnte wobei ich das eigentlich nicht als sehr problematisch empfand – es ließ sich einfach und sicher steigen. Wir erreichten den Grat etwa 30 m links des Gipfels und traversierten rasch hinüber zum Kreuz. Dort genießen wir einen prächtigen Blick auf alles was Rang und Namen hat – besonders beeindruckend ist die nahe Nordflanke des Bietschhorns!
In 2 Seillängen ereicht man nach der Querung den Gipfelgrat
Am Gipfelgrat angekommen
Auf dem Gipfel hat man einen super Blick auf das nahe Bietschhorn,…
…Eiger, Mönch und Jungfrau sowie den Grat zum Morgenhorn…
…und nicht zuletzt auch auf das Berner Mittelland mit dem Thuner See
Durch den anhaltenden Schneefall in den letzten Tagen ist das Gipfelkreuz fast vollständig eingeschneit. Da es aber ein wenig windig ist halten wir uns nicht allzu lange auf dem Gipfel auf, sondern beginnen, nach einem letzten Blick hinüber zum Verbindungsgrat zum Morgenhorn, der für den nächsten Tag geplant ist, den Abstieg. Dieser ist beim Artikel „Blüemlisalphorn Überschreitung“ ausführlich beschrieben.
Beim Abstieg weht es ganz ordentlich
Rückblick zum Gipfel
Auf dem Gletscher, kurz vor der Hütte (gerade noch über den Wolken)
0 Comments