"Bergsteigen ist mehr als Sport. Es ist eine Leidenschaft" (Herrmann Buhl)

Alpspitze NO-Wand – „Nordwandgesicht“ und „Adamplatte“

Die Alpspitze ist neben dem Waxenstein von Garmisch aus gesehen eine der markantesten Berggestalten. Mit ihrer fast perfekten Dreiecksform, der geneigten NO-Wand und dazu noch einem kurzen Zustieg läd sie natürlich zum Klettern geradezu ein. Die Wand wird durch das sogenannte „Herzl“ – ein herzförmiges Schneefeld in Wandmitte – in zwei Wandteile untergliedert und die meisten Routen enden am Herzl. Allerdings lassen sich die Routen in der unteren Wandhälfte perfekt mit den Routen der oberen Wandhälfte kombinieren – ein klassischer und sicher oft gewählter Ausstieg ist die „Adamplatte“, die gleichzeitig auch die älteste Route in der Wand darstellt. Im unteren Wandteil hat man die Qual der Wahl – von Schwierigkeitsgrad IV bis VI ist für jeden etwas dabei. Die Route „Nordwandgesicht“ ist ein besonderes Kuriosum, da man direkt aus dem Tunnel des Nordwandsteigs ziemlich steil und ausgesetzt in die Route einsteigt.

Überblick über die beiden Routen

Nach einer mäßig guten Nacht im Auto nehmen wir die erste Bahn auf den Osterfelderkopf um 8 Uhr, die auch ziemlich voll ist – vornehmlich von Klettersteiglern, die natürlich fast alle in Richtung Alpspitzferrata ziehen. Wir folgen dem Nordwandsteig, der Weg lässt sich von der Bergstation der Seilbahn gut einsehen. Am zweiten Tunnelfenster ist der Einstieg der Route „Nordwandgesicht“, zu erkennen am angeschriebenen Routennamen und den zwei Haken in der gelb-schwarzen Wand.

Origineller Einstieg direkt aus dem Tunnel, die Route verläuft über die graue Wand

Die Einstiegslänge (VI) ist gleichzeitig auch die schwerste Länge und es geht gleich mal saftig los. Senkrecht quert man erst ein Stück nach links in die Wand, dann geht es kräftig aber an guten Griffen auf einen Absatz hinauf. Hier kurz ausruhen, dann folgt aber die schwerste Stelle auf einer Platte. Hat man diese überwunden ist zwar das Schlimmste geschafft aber es heißt trotzdem dranbleiben bis zum Stand. Die Kommunikation mit dem Nachsteiger ist hier nicht ganz einfach, da dieser ja noch im Tunnel steht.

Die erste Seillänge von oben gesehen

Die folgenden beiden Längen (IV+, III-) fassen wir zusammen. Die 2. SL wartet mit einem für den Grat doch gar nicht mal so trivialen Quergang auf, die dritte Länge ist wirklich einfach.

Unterwegs in der 2. SL

Rückblick zum Stand zwischen 1. und 2. SL

Die einfache 3. Seillänge

Nun gäbe es die Option, nach rechts in die Route „Herzblut“ abzuzweigen, wir möchten aber gerne unsere Route weiterverfolgen. Die 4. SL ist laut Führer IV-, kommt mir beim Klettern dann aber sehr leicht vor sodass ich nicht sicher sagen kann ob ich wirklich in der Originalroute unterwegs war. Die im Führer ausgewiesenen Sanduhren habe ich auch nicht gefunden, allerdings ist hier der Routenverlauf nicht wirklich klar vorgegeben, sodass ich einfach geradeaus nach oben stieg. Irgendwann stoße ich auch einen Stand mit Bohrhaken und hole Hendrik nach. Wir steigen weiter geradeaus hinauf, ab und zu findet sich auch ein Bohrhaken, allerdings sind es andere Haken als im unteren Teil der Tour was dafür sprechen würde, dass wir in einer anderen Tour gelandet sind. Auch diese Länge ist für die im Topo angegebene Schwierigkeit viel zu leicht. In der 6. SL bin ich wieder mit Vorstieg dran – kurz oberhalb des Standes auf einem Band befindet sich ein windiger, nur halb im Fels steckender Normalhaken der auch noch abgebunden ist. Darüber ist eine von Wasserrillen durchzogene Platte zu überwinden auf der sich keine Sicherung mehr befindet und die auch nicht selbst abzusichern ist. Mit ist das zu heikel und ich quere ein Stück nach Links um oberhalb der Platte wieder nach rechts in die Route zurückzuklettern. Schon bald mache ich Stand, da danach eine Schräge mit Geröll kommt und ich Hendrik ungern dem Steinschlag aussetzen möchte. Also hat er das Vergnügen, die letzte Länge bis zum Herzl zu klettern. Diese ist mit Bohrhaken ganz passabel abgesichert und dürfte sich – obwohl der abdrängende Bauch ziemlich fies aussieht – wohl im Bereich V- bewegen.

Unterwegs in der 7. SL, der letzten vor dem Herzl

Auf dem Schuttband des Herzl machen wir eine kurze Pause und ich wechsle von den Kletter- in die Zustiegsschuhe. Über einen Pfad steigen wir links neben dem Schneefeld bis zum Fels hinauf und queren dann nach rechts um mittig über das Schneefeld zu kommen. Hier beginnt die Adamplatte, die kurz oberhalb des Schneefeldes auch mit roten Zeichen markiert ist.

Blick vom Ende der Route „Nordwandgesicht“ hinauf zum Herzl und der „Adamplatte“ – der flachere Teil oberhalb des Schneefeldes ist rot markiert, oben wo es wieder aufsteilt beginnen die Bohrhaken

Ungesichert steigen wir den Markierungen schräg nach links hinauf bis diese an den ersten Bohrhaken enden. Ab hier beginnen wir auch wieder zu sichern, steigen jedoch am laufenden Seil gleichzeitig, die Route bewegt sich ja meist im Bereich III mit einer Seillänge IV- dazwischen. Nachdem man das nach schräg rechts ziehende Band erreicht hat verläuft die Route auf einer Plattenrampe und ist eigentlich recht gut zu finden.

Unterwegs in der Adamplatte

Unterwegs in der Adamplatte

Im oberen Teil der Adamplatte

Blick vom Ausstieg zum Gipfelkreuz – von dort sind es nur noch wenige Meter bis hinauf

Durch das gleichzeitige Steigen bringen wir die Adamplatte in 1:30 Std. hinter uns und genießen die schöne Aussicht vom Gipfel der Alpspitze – mittlerweile ist es 13 Uhr und der Andrang dort oben hält sich in Grenzen, viele Klettersteigler sind vermutlich schon wieder am Absteigen. Als Abstiegsweg wählen wir aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit die Alpspitzferrata und tatsächlich haben wir nur noch wenig Gegenverkehr. Eine Stunde später sind wir zurück auf dem Osterfelderkopf und gönnen uns erst einmal ein erfrischendes Kaltgetränk.

 

Erstbegehung: Martin Herzig, Michael Berger und Christian Huber am 24.10.2004 (Nordwandgesicht); A. Adam und L. Puckshofer, 1903 (Adamplatte)

Ausgangspunkt: Bergstation der Alpspitz Seilbahn auf dem Osterfelderkopf (2033 m)

Zustieg: Über den Nordwandsteig in ca. 20 min zum Einstieg bei Tunnelfenster Nr. 2

Einstieg: Der Routenname steht angeschrieben

Länge: 7 SL, 2:30-3 Std. (Nordwandgesicht); 8 SL, 1:30-2 Std. (Adamplatte)

Schwierigkeit: VI (Nordwandgesicht), IV- (Adamplatte)

Absicherung: In der Route Nordwandgesicht ist die Absicherung meist gut, in der Adamplatte sind die Hakenabstände recht groß, wobei die Schwierigkeit ja auch recht moderat ist. Wir hatten ein kleines Sortiment Friends in kleinen und mittleren Größen mit, dieses hat vollkommen ausgereicht.

Abstieg: Über die Alpspitzferrata, 1 Std.

Tipp/ Planung: In der Adamplatte am laufenden Seil klettern, sonst zieht sich diese doch ganz schön. Die Route lies sich in Zustiegsschuhen ganz gut klettern.

 

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