Spaghetti-Runde Tag 1: Breithorn, Castor & Pollux
Die sogenannte “Spaghetti-Runde” (weil es auf den italienischen Hütten meistens Spaghetti zu essen gibt) ist ein absoluter Mega-Klassiker in den Walliser Alpen. In einer 4-tägigen Rundtour kann man dabei bis zu 15 4000er abstauben, wobei die Schwierigkeiten nie extrem werden. Überflüssig zu erwähnen, dass man bei schönem Wetter nahezu permanent eine großartige Aussicht genießt. Natürlich hat sich das in Bergsteigerkreisen auch schon herumgesprochen, sodass die Tour zum Teil doch sehr überlaufen ist. Andererseits haben sich die italienischen Hütten mittlerweile gut darauf eingestellt (die Gnifettihütte bietet ganze 176 Übernachtungsplätze), sodass der Andrang ganz gut bewältigt werden kann. Und so wird sich wahrscheinlich jeder ambitionierte Bergsteiger früher oder später auch auf der Spaghetti-Runde wiederfinden…
Ausgangspunkt: Klein Matterhorn (3817 m), zu erreichen über den Matterhorn Express (65 CHF p.P., Stand Sommer 2016). Das Billet für die Übernachtung auf dem Klein Matterhorn wird ebenfalls beim Kauf der Fahrkarte gelöst
Endpunkt: Rifugio Quintino Sella (3585 m)
Länge: ↑ ca. 1115 mH, ↓ ca. 1350 mH; insgesamt 6-7 Std.
Unsere Zeiten:
Klein Matterhorn – Einstieg Pollux: 1 ¼ Std.
Aufstieg zum Pollux: 1 ¼ Std.
Abstieg ins Zwillingsjoch: 1 ¼ Std.
Aufstieg zum Castor: 1 ¼ Std.
Abstieg zur Sella-Hütte: 1 Std.
Schwierigkeit: Breithorn: F+, 35°; Pollux: PD, II, 50°; Castor: PD-, 35° (kurze Stelle 50°)
Tipp/ Planung: Eine Übernachtung auf dem Klein Matterhorn ist nicht unbedingt notwendig, die erste Bahn fährt um 6 Uhr, sodass man die Tour gegen 7 Uhr starten kann. Die Reservierung der Hütten (Sella, Gnifetti/ Mantova, Margherita) erfolgt über ein Kontaktformular im Internet (Sella-Hütte: http://www.rifugioquintinosella.com/prenotazione_d.asp; Gnifetti- und Margherita-Hütte: http://www.rifugimonterosa.it/de/web/buchungsanfrage-reservierungen-116) – ein Anruf wird nicht entgegengenommen.
Wir waren bereits am Vortag auf das Klein Matterhorn gefahren, um die Nacht in der Höhe zu verbringen (50 CHF p.P.) und uns wenigstens ein bisschen zu akklimatisieren. Um 3 Uhr klingelte der Wecker – natürlich hatte keiner wirklich gut geschlafen. Gegen 4 Uhr brachen die anderen fünf auf zum Breithorn; ich lasse es wesentlich gemütlicher angehen, denn ich war schon dreimal dort oben und spare mir lieber die Kraft für die kommenden Tage. Da es noch dunkel ist kann ich an den Lichtkegeln gut das Vorankommen der anderen beobachten. Um 5.15 Uhr haben sie den Gipfel erreicht und ich breche auf.
Übersicht über die Route zu Breithorn und Pollux
Der Rest der Gruppe befindet sich im Abstieg vom Breithorn
Auf dem Gletscher treffen wir uns und bilden zwei 3er Seilschaften. Das nächste Ziel ist der Pollux, nun wird es endlich auch hell und der weitere Weg ist leicht an der breiten Spur zu erkennen. Von der Breithornflanke geht es durch eine Spaltenzone zunächst ein ganzes Stück bergab, erst kurz nach passieren der Felsinsel, auf der sich das Rossi e Volante Biwak befindet, steigen wir wieder an in Richtung Pollux SW-Grat. Gegen 6.30 Uhr haben wir diesen dann erreicht.
Auf geht’s zum Pollux (direkt unter der Wolke; rechts daneben der Castor)
Normalerweise folgt man von hier aus dem Felsbereich des Grates, links daneben befindet sich aber ein schneegefülltes und mit einer guten Spur präpariertes Schneecouloir, sodass wir nicht lange zögern und über dieses den ersten Teil des Anstiegs bewältigen. Wir erreichen die Felsen ein wenig unterhalb des großen, roten Turmes, an dem sich die Fixseile bzw. –ketten befinden. Über leichte Kletterei (I) sind diese schnell erreicht.
Anstatt direkt die Felsen des SW-Grates anzusteuern, steigen wir zunächst ein ganzes Stück in einem schneegefüllten Couloir links daneben auf
Aufstieg im Couloir
Dann erreichen wir die Felsen, die zunächst keine Schwierigkeiten aufweisen (Gehgelände und I)
Die nun folgende Platte kann entweder an einer Kette schräg links aufsteigend überquert werden (leichter), oder als zweite Variante – ebenfalls versichert – an ihrem unteren Rand horizontal nach links gequert und über eine Verschneidung umgangen werden (schwerer). Die Ketten leiten in eine Scharte hinter dem Turm, von der aus eine weitere, mit Ketten versicherte senkrechte Platte zum abschließenden Schneegrat führt.
Die Schlüsselstelle stellt eine Platte dar, die entweder zentral überquert werden oder links in einer Verschneidung umgangen werden kann
Ausstieg aus der Platte in die Scharte hinter dem Turm
Über eine weitere, nahezu senkrechte Platte geht es aus der Scharte hinauf zum Schneegrat
Da wir zu sechst sind dauert es eine geraume Weile bis alle oben sind, sodass ich im Wind anfange zu frieren. Deshalb geht es sofort weiter, die letzten 150 mH, die nun wirklich kein Problem mehr darstellen. Auf dem Gipfel (4092 m) halten wir uns nicht lange auf, denn der Wind weht unerbittlich. Wir wählen als Abstieg den SO-Grat, denn er erlaubt einerseits eine Überschreitung des Berges und stellt andererseits den kürzesten Weg ins Zwillingsjoch dar.
Ein einfacher Schneegrat leitet die letzten Höhenmeter hinauf zum Gipfel
Über ein steiles Schneefeld geht es vom Gipfel in Richtung Monte Rosa Hütte hinab, bis nach ca. 30 mH der erste Felsausläufer erreicht wird. Hier ist es ein wenig windgeschützt, sodass wir in Ruhe eine Trinkpause einlegen können. Weiter geht es, zunächst weiter geradeaus hinab, doch schon bald rechts ab und nun immer auf dem SO-Grat hinunter. Ungefähr auf halber Höhe ist der Weiterweg an einem großen Gratturm nicht ganz klar – wir entscheiden uns hier dafür, rechts an ihm vorbeizusteigen. Richtig ist wohl, zumindest laut des Topos im SAC-Führer ihn links zu umgehen, da man so auch weiterhin an der Gratkante bleibt. Wir geraten durch unsere Umgehung ein wenig zu weit in die S-Flanke und müssen nach links zum Grat zurückqueren.
Der Abstieg vom Pollux über den SO-Grat
Über ein steiles Schneefeld geht es hinab zum felsigen Grat
Den markanten Gratturm haben wir fälschlicherweise rechts (von oben gesehen) umgangen und kamen dadurch zu weit in die S-Flanke
Die letzten Meter ins Zwillingsjoch
Im Zwillingsjoch angekommen können wir leicht über das Plateau zur Aufstiegsspur am Castor hinüberqueren. Im zick-zack geht es erfreulich zügig die W-Flanke des Castors hinauf, kurz vor dem Gipfelgrat gibt es allerdings noch einmal ein wenig Stau, denn hier muss nach dem Überqueren des Bergschrundes noch ein ca. 30 m langes, etwa 50° steiles Firnwändchen überwunden werden. Das Wändchen endet auf dem Vorgipfel (4205 m), von dem aus der Hauptgipfel (4223 m) über einen scharfen Grat rasch erreicht werden kann.
Überblick über die Aufstiegsroute in der Castor W-Flanke
Die ersten Meter vom Zwillingsjoch aus
Unterwegs in der W-Flanke
Die „Schlüsselstelle“ stellt die Überquerung des Bergschrundes und das kurze Firnwändchen dahinter dar. Danach betritt man den Vorgipfel
Rückblick in die W-Flanke vom Vorgipfel
Vom Vorgipfel führt ein einfacher, aber luftiger Grat hinüber zum nahen Hauptgipfel
Rückblick zur „Schlüsselstelle“
Auch hier halten wir uns wegen des leidigen Windes nicht allzu lange auf und beginnen den Abstieg über den schönen, langen und nicht schwierigen SO-Grat. Bald erreichen wir das Felikjoch (4067 m), wo der Weg zur Sella-Hütte nach dem Passieren des Felikhorns (4087 m) rechts abbiegt. Über einen steilen Hang geht es in Serpentinen hinab auf das Gletscherplateau des Felikgletschers. Nach einem weiteren stärker geneigten Abschnitt erreichen wir gegen 11.30 Uhr die Sella-Hütte (3585 m).
Eine richtige Himmelsleiter führt vom Gipfel des Castor hinab zum Felikjoch und dem Felikhorn (die kleine Erhebung am linken Ende des Grates)
Die Sella-Hütte (3585 m) liegt am Fuß des Felikgletschers
Hier stärken wir uns erst einmal mit einer guten Brotzeit und verbringen den Nachmittag in den Betten. Unsere Schlafplätze befinden sich in der kleineren der beiden Hütten, wobei bei unserer Ankunft hier Temperaturen um die 10°C herrschen. Ein kleiner Ofen schafft nur zögerlich Wärme. Um 19 Uhr gibt es endlich Abendessen – natürlich Pasta mit Tomatensauce…
Weitere Infos zur Tour gibt es auch im Bergzeit-Magazin
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