Tag 7: Versuch Quitaraju (6036 m)
Eigentlich war der Weckruf für 4 Uhr angedacht, doch irgendwie klingelt der Wecker nicht, sodass wir erst durch Christophs Rufe um 4.40 Uhr aus den Schlafsäcken hochfahren. Es ist bitterkalt heute, im Zelt sind es -7°C. Ich ziehe mich rasch an, stopfe noch schnell ein gefrorenes Snickers rein und dann geht es auch schon los. Es ist 5.15 Uhr.
Die Aufstiegsroute zum Quitaraju. Wir stiegen bis zum Ende der durchgezogenen Linie auf, die gepunktete Linie zeigt den restlichen Weg an. Besondere Vorsicht ist vor den Eisbrüchen im unteren Teil geboten
Zunächst am Toilettenplatz vorbei (Achtung: Tretminen) und dann in einem Linksbogen den Abhang ginab auf das etwas tiefer liegende Gletscherbecken. Wir überqueren das Plateau und umgehen die Spaltenzone unterhalb der Quitaraju N-Flanke, zunächst nach rechts ausholend, in einem weiten Linksbogen.
Die untere Passage am Quitaraju ist nicht ungefährlich, wie man hier durch die vielen herumliegenden Eisbrocken sehen kann
Sonnenaufgang hinter dem Alpamayo
Der Bergschrund ist nicht leicht zu überklettern und Maximo braucht einige Zeit um die beste Stelle für den Übergang zu finden. Direkt nach dem Bergschrund betritt man die steile N-Flanke; wir machen Stand an einem Firnanker.
Stand zu dritt an einem einzigen Firnanker in sulzigem Schnee – kein beruhigendes Gefühl!
Maximo geht die vollen 60m Seil aus und legt zwischendurch eine Zwischensicherung in Form einer Eisschraube. Ich bin am anderen Ende des Seils und kann nun bequem nachsteigen. Arthur und Christoph bilden die 2. Seilschaft, allerdings haben wir alle – bis auf Maximo – aus Gewichtsgründen nur ein Eisgerät mit ins Hochlager genommen, was Arthur, der nun im Vorstieg die 2. Seilschaft anführen soll, in eine unangenehme Situation bringt. Ich schlage ihm deshalb vor, sich ca. 3 m oberhalb von mir in mein Seil einzubinden, sodass wir beide nachsteigen können. Gesagt getan, so geht es für ihn deutlich sicherer und stressfreier. Als wir an die Eisschraube kommen, erleben wir eine unliebsame Überraschung: Sie lässt sich einfach – ohne Drehen – herausziehen! Der Grund, warum Maximo an dieser Stelle eine Eisschraube und nicht einen Firnanker (das einzige, was in dem Firnhang Sicherheit geboten hätte) verwendete, wird beim Blick nach oben klar: Er hat insgesamt nur 2 Firnanker dabei, das heißt er brauchte den anderen um Stand zu machen. Nun wird uns doch ein wenig mulmig zu Mute – eine steile Flanke, nur an Firnankern (die letztendlich ja nur Pflöcke sind, die man in den Hang hineinrammt und dementsprechend wenig Sicherheitsgefühl aufkommen lassen) gesichert… Wenn Christoph nachkommt und Maximo parallel vorsteigt hängen wir zu viert an einem Anker!
Vom Stand am Firnanker steigt Maximo vor…
… und dann kommen Arthur und ich nach. Während Maximo weitersteigt folgt als letztes Christoph
So geht das noch ein paar weitere Seillängen, nach einer überaus heiklen Felspassage wird uns die ganze Sache dann doch ein wenig zu heiß. Darüber hinaus kommen wir auch nicht so schnell vorwärts und die Uhr tickt unerbittlich.
Vom Quitaraju hat man wirklich großartige Ausblicke auf den Alpamayo
Besorgt wanderte der Blick immer wieder nach unten
Aufgrund der Steilheit der Flanke kann diese nur durch Abseilen im Abstieg überwunden werden, wodurch auch für den Abstieg noch eine großzügige Reserve eingeplant werden muss. So teilen wir Maximo um 9.30 Uhr unsere Entscheidung umkehren zu wollen mit. Die nun folgende Abseilfahrt ist auch noch einmal ein Abenteuer für sich und wir sind froh, als wir endlich wieder auf dem Gletscherplateau angekommen sind. Der Rückweg zum Lager zieht sich enorm und die heiße Mittagssonne dehydriert uns völlig. Den Rest gibt uns dann noch die Gegensteigung vom Gletscherbecken hinauf zum Lager. Fix und fertig treffen wir schließlich dort ein und trinken durstig den Orangensaft, den Johnny, der uns vom Lager aus die ganze Zeit beobachten konnte, zubereitet hat. Aber auch Maximo erscheint um Jahre gealtert und ist sichtlich froh, sicher wieder im Lager angekommen zu sein. Mittlerweile sind auch die anderen Träger von unten heraufgekommen um das Lager abbauen zu helfen. Nach einer Stunde sind wir wieder einigermaßen hergestellt, packen unsere Sachen und machen uns an den Abstieg. Besonders gemein ist es, auch jetzt noch einmal eine Gegensteigung von ca. 50 mH hinauf zum Sattel überwinden zu müssen. Bergab geht es dann flott und wir steigen in einem Zuge bis zum Basislager ab.
Glücklich zurück im Basislager
Eine schöne Geste ist es, dass die gesamte Mannschaft uns schon vom Lager aus entgegenkommt und sogar am Kiosk bereits für jeden eine Flasche Bier besorgt hat – ahh, welch eine Wohltat! Im Lager wärmt der Koch rasch die Reste des Mittagessens auf und so geht es uns schon wieder richtig gut. Trotzdem bin ich froh, als ich um 21 Uhr in meinen Schlafsack sinke.