Sicherheit
Dieser Punkt lässt sich noch einmal untergliedern in Sicherheitsaspekte, die den Fall eines Sturzes betreffen und solche, die die Vermeidung von Verletzungen beim Beklettern der Route umfassen.
Stürze sind heutzutage, insbesondere beim Hallenklettern, an der Tagesordnung. Die kontinuierliche Annäherung an die persönliche Leistungsgrenze bzw. das Erreichen selbiger ist anders nicht zu erfahren. Ein Sturz an sich ist prinzipiell auch nichts schlimmes, solange es die äußeren Gegebenheiten zulassen. Während es beim Klettern am Fels häufig gilt, diesen Aspekt permanent kritisch zu beurteilen, sollte er in einer Kletterhalle hingegen kein Thema sein. Es ist also Aufgabe des Routenbauers dafür zu sorgen, dass sowohl durch die Wahl des Routenverlaufs, als auch durch das geschickte Anpassen der Schwierigkeit von Kletterpassagen in „sensiblem Gelände“ ein Sturz jederzeit möglich ist bzw. dass er in zweifelhaftem Sturzgelände so gut als möglich vermieden wird.
Routenverläufe orientieren sich – logischerweise – an den Hakenreihen der Einstiege. Sie sollten sich daher nicht zu weit von diesen entfernen, da durch die genormten Abstände zwischen den Expresshaken Klipppositionen in sehr kurzer Abfolge gewährleistet werden müssen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Route keine Bögen oder kleine Traversen beinhalten darf – grundsätzlich sollten aber Pendelstürze, da sie in der Regel sehr unkontrolliert erfolgen, vermieden werden. Dies gilt insbesondere dann, denn die Hakenreihe neben einer Wand (z.B. Verschneidung) oder einem auf die Wand aufgeschraubten Strukturelement (Makro/ Volumen) verläuft, da in diesem Falle ein Sturz zu einer Kollision mit der Wand bzw. dem Element führen würde. Man sollte sich aber generell bewusst sein, dass das Klettern seitlich vom Haken ab einem gewissen Abstand für viele mit psychischem Stress verbunden ist, was wiederum das subjektive Schönheitsempfinden einer Route trübt. Eine sicherheitstechnisch unbedenkliche Alternative bietet der Einbau einer, in Absprunghöhe verlaufenden Einstiegstraverse. Soll die Route geteilt werden (zwei Einstiegs- und/ oder zwei Ausstiegsvarianten), so muss darauf geachtet werden, dass die Teilung möglichst eindeutig ist und die separaten Verläufe jeweils klar einer bestimmten Hakenreihe zugeordnet werden können. Eine Route kann durchaus auch über mehrere Hakenreihen verlaufen, wobei jedoch das Festlegen eines sturztechnisch sicheren Verlaufs hohe Ansprüche an den Schrauber stellt. Solche Routen sollten daher die Ausnahme bleiben. Routenverläufe, die das Auslassen von Haken erfordern sind – allein von rechtlicher Seite her – ausgeschlossen.
Selbst in Kletterhallen gibt es Situationen, in denen ein Sturz besser vermieden werden sollte. Dies ist insbesondere in Bodennähe der Fall, denn viele Sicherer unterschätzen die Brisanz eines solchen Sturzes und riskieren durch zu viel Schlappseil einen Bodensturz des Vorsteigenden. Dem gilt es als Routenbauer entgegenzutreten und zwar dahingehend, dass Einstiege bis in ca. 4 – 5 Meter Höhe (mindestens drei eingehängte Zwischensicherungen) grundsätzlich im Verhältnis zum Rest der Route leicht und vor allem sicher (Vermeidung z.B. von wackeligen Aufrichtern oder vom zwingenden Anschnappen von Griffen) geschraubt sein sollten. Dies gilt auch für schwere Routen, nur verschiebt sich mit zunehmender Gesamtschwierigkeit eben auch die Schwierigkeit, die für die Einstiegssequenzen als einfach betrachtet werden kann. So sollten beispielsweise die ersten Züge einer Route der Bewertung 7 etwa im 6. Grad angesiedelt sein. Weiterhin sollten die Klipppositionen in diesem Bereich auch stets gut und sicher sein, denn der wohl weiteste Sturz passiert in dem Moment, in dem der Kletternde das Seil auszieht und es zum Haken führt. Es sollte auch selbstverständlich sein, dass schlechte, abschüssige Tritte an diesen Positionen nichts zu suchen haben. Nichtsdestotrotz darf und soll es auch Bouldereinstiege geben – diese sollten aber nicht die Regel sein und müssen spätestens an der ersten Zwischensicherung einen guten Griff zum Einhängen aufweisen. Eine Ausnahme bilden Wände, deren Einstiege mit Matten ausgelegt sind (z.B. Boulderbereich in den Kletterbereich integriert). Hier befindet sich die erste Zwischensicherung ohnehin meist wesentlich höher als gewöhnlich und so kann die Route natürlich gleich vom Boden in der angestrebten Schwierigkeit beginnen. Dies gilt jedoch nicht für Hallen mit sturzabsorbierenden Böden – diese sind nur für den Notfall, nicht jedoch für das routinemäßige Abspringen gedacht.
Ein zweiter Fall, bei dem es notwendig werden kann die momentane Routenschwierigkeit den Gegebenheiten anzupassen, tritt dann auf, wenn ein Sturz an einer bestimmten Stelle unangenehme Folgen haben könnte. Dies kann beispielsweise bei von der Hakenreihe vorgegebenen Traversen vorkommen oder auch beim Wechsel von einer Hakenreihe in eine andere auftreten. Denn, wie bereits erwähnt, sind Pendelstürze meist unangenehm; befindet sich die Traverse zudem in Bodennähe (z.B. Traverse über einer Tür oder einem Durchgang), so besteht zusätzlich die Gefahr eines unkontrollierten Bodensturzes, der im schlimmsten Falle auch noch unbeteiligte Personen tangiert. Man kann in diesem Moment nicht auf eine korrekte Sicherung des Vorsteigers vertrauen – viele Sichernde lassen sich von dem trügerischen, Sicherheit-ausstrahlenden Hallengefühl einlullen und unterschätzen diese Routenabschnitte massiv. Grundsätzlich sollen daher solche „sensiblen“ Passagen genau wie Einstiege behandelt werden und dementsprechend leichter und sicherer zu klettern sein als der Rest der Route.
Verletzungen sind in jeder Sportart praktisch unvermeidlich. Während sich ein 100-Meter-Sprinter aber hauptsächlich tagesformbedingt und unabhängig von seinem „Sportgerät“ Laufbahn verletzt, so können Verletzungen beim Klettern durch den Routenbauer durchaus verringert werden. Die eigene Kreativität darf nicht auf Kosten der Kletternden gehen! Tunlichst vermieden werden sollten daher folgende Bewegungsmuster bzw. Griffanordnungen:
• (Kreuz-)Züge von Fingerloch-Seituntergriffen
• Fingerloch-Untergriffe (Fingerlöcher, speziell Einfingerlöcher sind generell sehr verletzungsanfällig und sollten sparsam verwendet werden)
• Extreme Schulterzüge
• Extremes Aufhocken
• Zu starkes Verdrehen von Griffen gegen die Bewegungsrichtung
• Unergonomische, scharfkantige Griffe, besonders in steilem Gelände und an Dachkanten (generell sollte man von der Verwendung unergonomischer Griffe absehen, da diese nicht nur verletzungsanfällig, sondern auch unangenehm zu beklettern sind)
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